Wann liegt arglistiges Verschweigen von Mängeln an Immobilien durch den Verkäufer vor?
In einem Fall aus der Kanzleipraxis ging es darum, dass ein Verkäufer Feuchtigkeitsschäden an einer Immobilie nicht offen gelegt hatte. Kurz vor dem Verkauf wurde ein Gutachten erstellt, welches Feuchtigkeitsschäden an der Wohnung attestierte. Nach dem Kauf hat der Käufer erst von diesem Gutachten Kenntnis erlangt.
Ein arglistiges Verschweigen von Mängeln an Immobilien liegt dann vor, wenn der Verkäufer sich bewußt ist, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung des Vertragspartners erheblich ist, den Immobilienkaufvertrag abzuschließen, dieser ihm aber nicht offenbart. Es reicht daher als Täuschungswille sog. bedingter Vorsatz. Der Täuschende wußte, dass der andere ohne die Täuschung die Willenserklärung möglicherweise nicht abgegeben hätte.
1. Wann hat der Verkäufer einer Immobilie Aufklärungspflichten?
Beim arglistigen Verschweigen von Mängeln an Immobilien ist zu unterscheiden, ob der Käufer dem Verkäufer eine konkrete Frage gestellt hat oder keine konkrete Frage gestellt hat.
a.) Bei konkreter Nachfrage des Käufers
Hat der Käufer eine konkrete Frage zur Immobilie gestellt, muss der Verkäufer diese vollständig und richtig beantworten.
Wird die Frage des Käufers vorsätzlich falsch beantwortet durch den Verkäufer, liegt ein arglistiges Verschweigen von Mängeln an Immobilien durch den Verkäufer vor (BGH, Urt. v. 14.06.2019, V ZR 73/18).
b.) Ohne Nachfrage des Käufers
Ohne konkrete Nachfrage des Käufers stellte sich die Frage, ob und inwieweit er eine Pflicht zur Aufklärung und zur Information des Käufers hatte.
Dabei kommt es darauf an, ob der Verkäufer nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte zur Aufklärung verpflichtet ist. Fälle in der Rechtsprechung zum Bestehen einer Auflklärungspflicht sind u.a. beim Fehlen einer notwendigen Baugenehmigung für die bestehende Bebauung, bei Nachbarn mit einem „recht ungewöhnlichen Lebensrhythmus“ oder bei der geplanten Bebauung eines Nachbargrundstücks. Dabei tragen die Käufer die sog. Darlegungs- und Beweislast, dass der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies ist in den meisten Fällen sehr schwierig zu erbringen.
Ohne konkrete Nachfrage des Käufers muss der Verkäufer nur über solche Tatsachen aufklären, die für den Kaufentschluss des Käufers erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind und deren Mitteilung nach der Verkehrssitte zu erwarten ist.
Ein arglistiges Verschweigen von Mängeln an Immobilien liegt auch dann vor, wenn der Verkäufer wider besseren Wissens einzelne Information über bestehende Mängel zurückhält.
Keine Aufklärungspflichten bestehen für den Verkäufer, wenn der Käufer die Mängel ohne Weiteres erkennen konnte.
Werden solche Aufklärungs- und Offenbarungspflichten durch den Verkäufer einer Immobilie nicht erfüllt, besteht zum einen die gesetzliche Haftung wegen Mängeln. Nach § 444 BGB umfasst ein Haftungsausschluss nicht arglistig verschwiegene Mängeln an einer Immobilie. Zum anderen kann dann eine Haftung wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten (sog. culpa- in-contrahendo-Haftung) bestehen nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB.
2. Welche Bedeutung haben vorvertragliche Erklärungen?
Grundsätzlich gilt bei einem Immobilienkaufvertrag nur das Beurkundete im Kaufvertrag. Vorvertragliche Erklärungen spielen dabei keine Rolle.
Haben Aussagen im Exposé oder im Internet keinen Niederschlag im notariellen Kaufvertrag gefunden, liegt auch keine Beschaffenheitsvereinbarung vor als haftungsauslösendes Element. Es liegt dann kein arglistiges Verschweigen von Mängeln an Immobilien vor.
Bei weiteren Fragen zu Ihrem Immobilienkaufvertrag kommen Sie gerne auf uns zu.
3. Welche Rechte hat der Käufer beim arglistigen Verschweigen von Mängeln an Immobilien durch den Verkäufer?
Er kann den Kaufvertrag anfechten wegen arglistiger Täuschung durch den Verkäufer. Durch die wirksame Anfechtung wird der Kaufvertrag von vorneherein unwirksam. Alle erbrachten Leistungen werden rückabgewickelt. Dies bedeutet, dass der Käufer den gezahlten Kaufpreis zurückverlangen kann. Der Käufer muss im Gegenzug die Immobilie an den Verkäufer zurückgeben und die Auflassung erklären.
Daneben stehen dem Käufer die Gewährleistungsrechte aus dem Kaufvertrag zu, wenn dieser die arglistige Täuschung beweisen kann. Dies sind:
- Beseitigung der Mängel
- Minderung des Kaufpreises
- Rücktritt vom Kaufvertrag nach Fristsetzung zur Mängelbeseitigung
- Schadensersatzanspruch.
4. Kommt ein Schadensersatz wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten in Frage?
Bei vorsätzlicher Irreführung der Käufers kommt auch eine sog. culpa-in-contrahendo-Haftung nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB in Frage. Diese Haftung ist sogar neben der Anfechtung von Immobilienkaufverträgen wegen arglistiger Täuschung anwendbar. Hier reicht als haftungsauslösendes Moment bereits Fahrlässigkeit des Verkäufers aus. Dies bedeutet das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt des Verkäufers bei der Information des Käufers. Dann liegt ein arglistiges Verschweigen von Mängeln an Immobilien vor.