Kauf/Verkauf von vermieteten Immobilien/Mietobjekten

Kauf bricht nicht Miete

Kauf bricht nicht Miete – Was passiert beim Kauf/Verkauf von vermieteten Immobilien/von Mietobjekten?

1. Was bedeutet der Grundsatz Kauf bricht nicht Miete?

Nach § 566 BGB bedeutet dieser Grundsatz, dass die im Kaufsfall/Verkaufsfall bestehenden Mietverhältnisse nach der Veräußerung der Mietsache fortbestehen. Die Mietverhältnisse sind in diesem Sinne klassische Wohnraummietverhältnisse, aber auch Miet- und Pachtverhältnisse über Grundstücke und andere Räume fallen darunter. Der Grundsatz Kauf bricht nicht Miete bezieht sich aber auch auf bestellte dingliche Rechte, wie das Erbbaurecht, den Nießbrauch oder das dingliche Wohnrecht nach § 1093 BGB, die nach Abschluß des Mietvertrags bestellt werden. Im Fall der Zwangsversteigerung bleibt weiter der Mieter in der zwangsversteigerten Immobilie, der Ersteher der Immobilie hat nach § 57 a Satz 1 ZVG ein Sonderkündigungsrecht.

2. Gilt auch bei Untermietverhältnissen der Grundsatz Kauf bricht nicht Miete?

Nein, der Bundesgerichtshof hat dies aus Billigkeitsgründen in seiner Entscheidung Urt.v. 22.05.1989, VIII ZR 192/88, abgelehnt. Dies bedeutet, dass bei einem Wechsel des Hauptmieters ein Untermietverhältnis nicht weiter fortbesteht.

3. Geht auch eine Überleitung von Mietverträgen außerhalb der Anwendung von § 566 BGB?

Außerhalb des Grundsatzes Kauf bricht nicht Miete geht auch eine Überleitung von Mietverträgen auf einen neuen Vermieter mithilfe einer Überleitungsvereinbarung. Diese kann als dreiseitige Vereinbarung gestaltet sein zwischen Mieter, dem alten Vermieter und dem neuen Vermieter (BGH, Urt. v. 20.01.2010 – VIII ZR 84/09).

4. Welche Voraussetzungen bedarf es, dass der Grundsatz Kauf bricht nicht Miete nach § 566 BGB gilt?
  • Veräußerung im Sinne von dinglicher Übertragung des Eigentums auf einen anderen Käufer. Es reicht daher eine bloße Auflassungsvormerkung nicht, dass eine Eigentumsübertragung in diesem Sinne begründet wird.
  • Bestehen eines gültigen Mietvertrages. Bei gemischten Verträgen kommt es darauf an, wo der Schwerpunkt der vertraglichen Leistung liegt. Sobald die entgeltliche Gebrauchsüberlassung im Vordergrund steht, findet der Grundsatz Kauf bricht nicht Miete Anwendung.
  • Die Immobilie muss im Zeitpunkt der Veräußerung bereits an den Mieter überlassen worden sein. 
  • Vermieter und Veräußerer müssen identisch sein. Dies liegt nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 03.07.1974, VIII ZR 6/73) bei einer Teilidentität nicht vor, d.h., wenn nur einer von mehreren Eigentümern Vermieter ist.
5. Welche Rechtsfolgen ergeben sich aus dem Grundsatz Kauf bricht nicht Miete aus § 566 BGB?

Der Erwerber der vermieteten Immobilie tritt in ein neues Mietverhältnis mit dem Mieter über den unmittelbaren Rechtserwerb kraft Gesetzes mit demselben Inhalt ein, wie mit dem Veräußerer. Es bestehen für ihn unmittelbar die Pflichten Gebrauchsüberlassung der Mietsache und Erhaltung der Mietsache im vertragsgemäßen Zustand.

6. Was passiert bei einer Mehrheit von Erwerbern?

Sind auf Erwerberseite mehrere Personen beteiligt, besteht mit den Erwerbern ein einheitliches Mietverhältnis mit diesen als Gesamtschuldner bzw. Gesamtgläubiger.

7. Gegen wen muss sich der Erwerber mit Ansprüchen aus dem Mietverhältnis richten?

Es gilt das sog. Fälligkeitsprinzip. Dies bedeutet, dass Ansprüche des Mieters, die vor dem Eigentumswechsel fällig geworden sind, gegenüber dem bisherigen Vermieter geltend gemacht werden müssen. Ansprüche des Mieters, die nach dem Eigentumswechsel entstehen oder fällig werden, sind gegenüber dem neuen Vermieter geltend zu machen. Ausnahmen vom Fälligkeitsprinzip bestehen bei Mietmängeln. Hier ist es unerheblich, ob diese Mängel vor oder nach dem Eigentumsübergang entstanden sind. Bei der Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten, handelt es sich um eine Dauerverpflichtung. Hierfür bekommt der Vermieter als Gegenleistung die laufend geschuldete Miete. Der Erwerber tritt nach § 566 BGB in die Rechte und Pflichten des Vermieters. Daher geht der Erfüllungsanspruch gegenüber dem Veräußerer auf Mängelbeseitigung unter (BGH, Urt. v. 19.06.2006 – VIII ZR 284/05). 

8. An wen muss der Mieter die Miete bezahlen beim Kauf/Verkauf der Immobilie?

Hier gilt ebenfalls das Fälligkeitsprinzip. Es kommt darauf an, wann die Ansprüche des jeweiligen Vermieters fällig geworden sind. Der alte Vermieter behält seine Ansprüche gegenüber dem Mieter für Forderungen, die vor dem Eigentumsübergang entstanden und fällig geworden ist. Diejenigen Forderungen, die nach dem Eigentumsübergang fällig geworden sind, stehen dem Erwerber gegenüber dem Mieter zu.

9. Ist der Grundsatz Kauf bricht nicht Miete nach § 566 BGB zwingendes Recht?

Im notariellen Kaufvertrag sind Regelungen denkbar, die den wirtschaftlichen Übergang auf den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung vorverlegen. Die Vorschrift des § 566 BGB ist damit abdingbar. Auch durch dreiseitge Vereinbarung zwischen dem Erwerber, dem Veräußerer und dem Mieter kann der Mietvertrag übergeleitet werden. Hierfür reicht es auch aus, wenn Mieter und Erwerber wechselseitig die Erfüllung des Mietvertrages verlangen und der Vermieter dies duldet.

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Die Reservierungsgebühr beim Immobilienkaufvertrag

Reservierungsgebühr Immobilienkaufvertrag

Reservierungsgebühr beim Immobilienkaufvertrag

Vor dem Kauf einer Immobilie wird vom Verkäufer des öfteren eine sog. Reservierungsvereinbarung mit dem Käufer geschlossen. Mit dieser Reservierungsvereinbarung verpflichtet sich der Käufer zur Zahlung einer Reservierungsgebühr.

1. Was ist eine Reservierungsvereinbarung beim Immobilienkaufvertrag?

In einer Reservierungsvereinbarung zum Immobilienkaufvertrag wird die weitere Vorgehensweise für ein Grundstück geregelt. Darin wird der Leistungsumfang des Verkäufers geregelt, wie die Reservierung des Grundstücks für den Käufer. Bis zum Abschluss des notariellen Kaufvertrages verpflichtet sich ein Verkäufer durch die Reservierungsvereinbarung, das Grundstück nicht an einen anderen Kaufinteressenten zu verkaufen. Es können aber noch andere Leistungen des Verkäufers in einer Reservierungsvereinbarung geregelt sein, wie die Verpflichtung zur Lieferung einer Entwurfsplanung für den Käufer oder die Erstellung eines abschlussfähigen notariellen Kaufvertrages. Da bis zum Abschluss eines notariellen Kaufvertrages, z.B. für die Beantragung einer Baugenehmigung, noch viele Wochen vergehen können, sichern sich die Käufer über die Reservierungsvereinbarung das begehrte Grundstück. Die Verkäufer erhalten über die Reservierungsvereinbarung Planungssicherheit, damit die Käufer nicht mehr vom Kauf wieder Abstand nehmen.

2. Muss eine Reservierungsvereinbarung zum Immobilienkaufvertrag notariell beurkundet werden?

Nach § 311 b Abs. 1 BGB müssen alle Verträge zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück notariell beurkundet werden. Aber gilt dies auch für eine Reservierungsvereinbarung? Nach der Rechtsprechung des Amtsgerichts Dortmund, 425 C 3166/18, beck-online, besteht eine notarielle Beurkundungspflicht von Reservierungsvereinbarungen, wenn die Reservierungsgebühr höher als 0,3 % des Kaufpreises beträgt. Dann soll der Käufer durch die notarielle Beurkundung von der überstürzten Übernahme erhöhter Reservierungsentgelten in einer Reservierungsvereinbarung geschützt werden. Wird trotzdem über diesem Wert eine Reservierungsvereinbarung abgeschlossen, ohne diese vor dem Notar als Urkunde abzuschließen, ist diese Reservierungsvereinbarung nicht wirksam zustande gekommen. Der Käufer hat einen Rückzahlungsanspruch der Reservierungsgebühr aus der Reservierungsvereinbarung aus ungerechtfertigter Bereicherung nach §§ 812 ff. BGB gegenüber dem Verkäufer.

3. Darf eine Reservierungsvereinbarung einseitig vom Verkäufer dem Käufer gegenüber angetragen werden?

Wenn die Reservierungsvereinbarung einseitig vom Verkäufer dem Käufer gegenüber angetragen wird, also sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen, liegt ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB vor. Die Reservierungsvereinbarung kann dann rechtlich unwirksam sein. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes benachteiligt sie die Käufer als Verbraucher unangemessen (BGH, Urt. v. 23.09.2020 – III ZR 21/10). Nach dem BGH, a.a.O., Rn. 13, „führt die dabei erforderliche Interessenabwägung im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die Pflicht zur Zahlung des Reservierungsentgelts bzw. der ausnahmslose Ausschluss der Rückzahlung dieses Entgelts“ bei einer Reservierungsvereinbarung „bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags über die Wahrung schutzwürdiger Interessen der Käufer hinausgeht und aus diesem Grund eine unangemessene Benachteiligung der Käufer vorliegt“.

Daher sollte die Reservierungsvereinbarung idealerweise durch den Verkäufer Satz für Satz mit dem Käufer abgesprochen werden, um rechtswirksam zu sein. Dies wird jedoch in der rechtlichen Praxis einer Reservierungsvereinbarung schwer möglich sein.

4. Kann eine Reservierungsvereinbarung vom Käufer als Verbraucher nach §§ 355 ff. BGB widerrufen werden?

Bei Verbraucherverträgen nach §§ 355 ff. BGB hat der Käufer als Verbraucher gegenüber einem Unternehmer eine 14-tägige Widerrufsmöglichkeit. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass eine Widerrufsbelehrung in der Reservierungsvereinbarung aufgenommen wurde. Fehlt es, wie in der Praxis, des öfteren bei einer Reservierungsvereinbarung an einer Widerrufsbelehrung des Verbrauchers als Käufer, gilt die Höchstfrist für den Widerruf von einem Jahr und 14 Tagen ab Vertragsschluss nach § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB. Dies bedeutet, dass der Käufer die Reservierungsvereinbarung immer noch nach deren Abschluss in einem solchen Fall mit einer Frist von einem Jahr und 14 Tagen widerrufen kann. Nach § 355 Abs. 3 BGB ist als Rechtsfolge des Widerrufs die Reservierungsgebühr als empfangene Bezahlung vom Verkäufer aus der Reservierungsvereinbarung unverzüglich zurückzugewähren.

5. Ist auch ein Rücktritt von der Reservierungsvereinbarung als weitere rechtliche Möglichkeit des Käufers zulässig?
Als weitere rechtliche Möglichkeit des Käufers bietet sich der Rücktritt nach § 346 BGB von der Reservierungsvereinbarung an. Hierzu bedarf einer Rücktrittserklärung gegenüber dem Verkäufer. Noch wichtiger ist aber der Rücktrittsgrund. Nach § 323 BGB liegt ein Rücktrittsgrund vor, wenn der Verkäufer die in der Reservierungsvereinbarung beschriebene Leistung nicht erbracht hat, wie z.B. keine Entwurfsplanung vorgelegt hat oder keinen abschlussfähigen notariellen Kaufvertrag erbracht hat. Dann hat der Verkäufer ebenfalls die empfangene Reservierungsgebühr nach der Reservierungsvereinbarung an den Käufer nach § 346 BGB zurückzugewähren.
 
6. Fazit zur Reservierungsgebühr/Reservierungsvereinbarung zum Immobilienkaufvertrag
Möchte sich der Verkäufer rechtswirksam absichern über eine Reservierungsvereinbarung und Planungssicherheit gegenüber seinem Käufer für sein Grundstück erhalten, ist es ratsam, er lässt sich rechtlich beim Erstellen einer Reservierungsvereinbarung beraten. Es stecken zu viele rechtliche Risiken im Detail. Es besteht immer die Gefahr einer unangemessenen Benachteiligung des Käufers als Verbraucher bei einer Reservierungsvereinbarung, wenn er die Reservierungsgebühr vertraglich nicht mehr zurückfordern kann. Widerruf oder Rücktritt von der Reservierungsvereinbarung durch den Käufer können unangenehme Begleiterscheinungen für den Verkäufer sein.
 
Bei weiteren Fragen zur Reservierungsgebühr/Reservierungsvereinbarung oder zum Immobilienrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
 
 

Nachbarschutz im Baurecht

Nachbarschutz im Baurecht

Was heißt Nachbarschutz im Baurecht?

Welche Rechtsmittel gibt es bei der Errichtung von Gebäuden für Nachbarn? Welche Rechtsmittel gibt es für Nachbarn bei der Erstellung von Bebauungsplänen?

1. Wann wird der Nachbar rechtlich geschützt (Rechtlicher Nachbarschutz)?

Nur bei der Verletzung solcher Normen, welche den Nachbarn in seinen Rechten verletzt. Dies ist die sog. „Schutznormtheorie“ nach § 42 Abs. 2 VwGO und nach § 113 Abs. 1 VwGO. Der Nachbar kann also gerichtlich nicht die Beachtung aller Normen verlangen. Es kommt also darauf an, ob die entsprechende Norm dem Schutz individueller Interessen dient. Es muss also von der Vorschrift her ein abgegrenzter Personenkreis betroffen sein und sich von der Allgemeinheit unterscheiden. Wenn die Norm z.B. den Wortlaut enthält, „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ oder „im Interesse der Nachbarn“ ist dies ein Indiz für den darin enthaltenen Nachbarschutz.

Ausnahme von diesem Grundsatz sind europarechtliche Regelungen, wie z.B. § 4 Abs. 1 Umweltrechtsbehelfsgesetz. Hierbei kann eine allgemeine Überprüfung von Normen von Nachbarn gefordert werden. Der Kreis der Kläger kann dabei ausgedehnt sein, z.B. auf Verbände.

2. Wann können Nachbarrechte verletzt sein?

Durch den Erlass eines Bebauungsplans oder einer Baugenehmigung, durch die Errichtung eines Bauwerks (z.B. von Baulärm), durch die Wirkungen eines Bauwerks, z.B. Verschattung, oder durch die Nutzungen des Bauwerks (z.B. Lärm von störendem Gewerbebetrieb) kann Nachbarschutz im Baurecht notwendig werden.

3. Welche Nachbarrechte können durch Bebauungspläne verletzt sein?

Das Recht auf Eigentum kann verletzt sein (bei Überplanung), das Recht auf Abstand, das Recht auf gerechte Abwägung von privaten und öffentlichen Belangen. Private Belange bei der Abwägung beim Erlass von Bebauungsplänen ist der Schutz vor Lärm, Schutz vor Verschattung, Schutz vor Störfällen oder die Verschonung von Schutzauflagen (bei Bestandsgebäuden). Hierbei sind Lärmrichtlinien zu beachten und beim Schutz vor Verschattung Einzelfälle zu würdigen. Beim Schutz vor Störfällen muss der angemessene Abstand des Nachbargebäudes zu Störfallbetrieben voll gerichtlich überprüft werden können (Art. 12 Abs. 1 Seveso-II-Richtlinie). Demgegenüber ist der Schutz einer schönen Aussicht nach dem VGH Kassel, Urt. v. 08.07.2004 – 3 N 1894/02, beck-online, „nur eine Chance“ und kein privater abwägungsrelevanter Belang. Auch die Frage der Wertminderung ist kein schutzwürdiger Belang eines Nachbarn im Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen.

4. Welche Nachbarrechte können im Baugenehmigungsverfahren verletzt sein?

Das Recht auf Abstand kann verletzt sein, das Recht auf nachbarliche Rücksichtnahme, das Recht auf Immissionsschutz (Verkehrslärm, Baulärm, Staub, Erschütterungen etc.), das Recht auf Gebietserhaltung, das Recht auf Denkmalschutz.

5. Was ist der Sinn und Zweck der nachbarschützenden Abstandsregelungen beim Nachbarschutz im Baurecht?

Wann müssen Abstandsregelungen nicht eingehalten werden?

Wann müssen Bauteile keinen Abstand einhalten?

Belichtung und Belüftung der Gebäude, sowie Brandschutzgründe sind die Hintergründe der baurechtlichen Abstandsregelungen.

Wenn der Bebauungsplan andere Abstände regelt oder die Bauweise als geschlossen im Bebauungsplan festgesetzt wurde, müssen Abstandsregeln nicht eingehalten werden. Bei letzterem muss an die bestehenden Gebäude dann angebaut werden.

Keine Abstände müssen folgende Bauteile einhalten: Erker, Leitungen, Treppenhäuser, Vorbauten.

6. Wann dürfen beim Nachbarschutz im Baurecht Abstandsflächen unterschritten werden?

Wenn der Nachbar selbst darauf verzichtet (im Baulastenverzeichnis oder als Abstandflächendienstbarkeit im Grundbuch oder mit Unterschrift auf dem Bauplan), bei besonderen städtebaulichen Verhältnissen oder bei Bestandsschutzfällen.

Beim Verzicht des Nachbarn auf die Abstandsflächen durch seine Unterschrift auf dem Bauplan gilt dies dinglich für das Grundstück und für den Rechtsnachfolger (!).

7. Wer kann sich nicht beim Nachbarschutz im Baurecht auf Abstandsflächen berufen?

Wer selbst Abstandsvorschriften nicht einhält, kann dies vom Nachbar ebenfalls nicht verlangen (OVG Münster, Beschl. v. 12/02/2010 – 7 B 1840/09).

8. Was ist der nachbarliche Gebietsgewährleistungsanspruch?

In einem gleichen Baugebiet besteht eine sog. „bodenrechtliche Schicksalsgemeinschaft“. Vor allem die Einhaltung der Art der baulichen Nutzung darf vom Nachbar gefordert werden (z.B. Wohngebiet), wenn nachbarschützende Festsetzungen verletzt sind, obwohl der Nachbar keine spürbare Beeinträchtigungen erleidet. Bezüglich der Einhaltung der Bauweise (offene oder geschlossene Bauweise) gilt dies nicht für den Nachbar. Beim Maß der baulichen Nutzung (Grundflächenzahl oder Geschossflächenzahl) und bei der überbaubaren Grundstücksfläche ist im Einzelfall zu entscheiden, ob der nachbarliche Gebietsgewährleistungsanspruch gilt.

9. Was kann der Nachbar tun gegen Befreiuungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans?

Wenn von nachbarschützenden Festsetzungen befreit werden soll, z.B. bei der Art der baulichen Nutzung (Baugebietsfestsetzung), kann der achbar erfolgreich gegen die Befreiuung vorgehen. Wird nicht von einer nachbarschützende Festsetzung befreit, kommt es darauf an, ob die Befreiuung das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme verletzt.

Bei weiterem Beratungsbedarf im Baurecht kommen Sie gerne auf uns zu.

Die Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Beendigung der Immobilienfinanzierung

Immobilienfinanzierung

Aspekte der Immobilienfinanzierung

von Rechtsanwältin Faye Lauer

Manchmal machen es neue Lebensumstände notwendig, dass eine Immobilienfinanzierung vorzeitig beendet werden soll. Dieser Fall kann teuer werden, denn die Bank wird dann einen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 Abs. 1 BGB (bei Verträgen ab 21.03.2016) geltend machen. Bei älteren Verträgen der Immobilienfinanzierung gilt grundsätzlich das Gleiche wie unten aufgeführt. Es ist aber bei Darlehensverträgen im Einzelfall zu prüfen, welche gesetzliche Regelungen bei Abschluss des Vertrages galten. Im Einzelfall können die unten genannten Rechtsfolgen abweichen.

1. Wann kann eine Immobilienfinanzierung vorzeitig beendet werden?

Nach § 500 Abs. 2 S. 2 BGB kann der Darlehensnehmer eine Immobilienfinanzierung mit Zinsbindung „nur dann ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht“. Ein berechtigtes Interesse ist gegeben, wenn bei dem Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach Verwertung der zur Sicherung der Immobilienfinanzierung beliehenen Immobilie besteht. Dies ist bei Verkauf oder Versteigerung der Immobilie der Fall, unabhängig vom Grund, aber auch bei einer Finanzierungsmöglichkeit eines höheren Darlehens durch ein anderes Bankinstitut.     

2. Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung bei der Immobilienfinanzierung?

Bei einer Immobilienfinanzierung mit Sollzinsbindung ist die Vorfälligkeitsentschädigung in § 502 BGB geregelt. Der Bank steht „eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden“ zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Immobilienfinanzierung ist durch den Darlehensnehmer der Zinsverschlechterungsschaden auszugleichen.

3. Wie berechnet sich eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Der Schaden der Bank bei vorzeitiger Rückzahlung der Immobilienfinanzierung kann nach der Rechtsprechung des BGH entweder nach der Aktiv-Aktiv-Methode oder der Aktiv-Passiv-Methode berechnet werden.

Bei der Aktiv-Aktiv-Methode wird der Berechnung zugrunde gelegt, dass die Bank das zurückerlangte Geld als neues Darlehen ausgibt. Es wird der sogenannte Refinanzierungsschaden ermittelt.

Bei der Aktiv-Passiv-Methode geht man für die Berechnung des Schadens davon aus, dass die Bank das erhaltene Geld wieder sicher auf dem Geld- und Kapitalmarkt anlegt. Der Schaden beziffert sich dann aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Darlehenszins und der bei Anlage des Betrages zu erreichende Rendite.  

Sollte die Bank sich im Darlehensvertrag auf eine Berechnungsmethode festgelegt haben, ist die Vorfälligkeitsentschädigung nach dieser zu ermitteln.

Sondertilgungsrechte sind bei der Berechnung zu berücksichtigen. Die Bank darf dies nach der BGH-Rechtsprechung in ihren AGBs nicht ausschließen. Entsprechende Klauseln sind unwirksam (Urteil vom 19.01.2016, XI ZR 388/14).

Diese Vorgaben des BGH gelten nur im Falle der oben genannten vorzeitigen Rückzahlung bei berechtigtem Interesse des Darlehensnehmers.

4. Wann darf die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung im Rahmen der Immobilienfinanzierung verlangen?

502 Abs. 2 BGB regelt, dass die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann, wenn die Immobilienfinanzierung mit einer Versicherung zur Tilgung des Darlehens abgesichert wurde und die Rückzahlung aus dieser erfolgt.

Weiter hat die Bank im Rahmen der Immobilienfinanzierung keinen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung, wenn „im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind“.

Hinzu kommt bei Immobiliendarlehen mit Sollzinsbindung die Möglichkeit des gesetzlichen Sonderkündigungsrechtes nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB „in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten“. Wird das Darlehen nach 10 Jahren gekündigt, darf die Bank im Rahmen der Immobilienfinanzierung keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.

5. Wann kann man sich gegen die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung wehren?

Im vorhergehenden Absatz wurden bereits drei Situationen genannt, in denen die Bank bei vorzeitiger Beendigung der Immobilienfinanzierung keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen darf.

Insbesondere die in § 502 Abs. 2 BGB genannten „Angaben im Vertrag“ beschäftigen die Rechtsprechung. Eine wichtige Entscheidung erging zum Beispiel am 01.07.2020 durch das OLG Frankfurt a.M., in der die von der dortigen Bank verwendeten Regelungen als zu kompliziert für den Verbraucher eingestuft wurden. Diese Regelung wurden über Jahre in vielen Immobilienfinanzierungen verwendet.

Hinzu kommt die Möglichkeit, dass die Immobilienfinanzierung widerrufen werden kann. Ob diese Möglichkeit gegeben ist, richtet sich danach, wann der konkrete Darlehensvertrag geschlossen wurde.

Bei Darlehensverträgen, die zwischen dem 01.09.2002 und dem 10.06.2010 geschlossen wurden, besteht ein Widerrufrecht nur noch, wenn gar keine Widerrufsbelehrung erfolgte.

Bei Verträgen, die zwischen dem 11.06.2010 und dem 20.03.2016 geschlossen wurden, besteht ein sogenanntes „ewiges Widerrufsrecht“, wenn die im Darlehensvertrag enthaltene „Widerrufsinformation“ fehlerhaft war.

Immobilienkredite, die nach dem 21.03.2016 geschlossen wurden, sind nur noch innerhalb von 1 Jahr und 14 Tagen nach Vertragsschluss widerrufbar, wenn die Widerrufsinformation Fehler enthielt. Hier könnten aber die bereits oben angesprochenen Fehler bei den „Angaben im Vertrag“ vorliegen.

6. Fazit

Sollte die Bank aufgrund vorzeitiger Rückzahlung einer Immobilienfinanzierung mit Sollzinsbindung eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet haben, ist es ratsam anwaltlich prüfen zu lassen, ob die Vorfälligkeitsentschädigung zulässig ist und/oder richtig berechnet wurde. Nicht selten kann sich der Verbraucher gegen die Vorfälligkeitsentschädigung an sich oder gegen deren Höhe erfolgreich wehren.

Bei weiteren rechtlichen Fragen zur Immobilienfinanzierung wenden Sie sich gerne an Rechtsanwältin Faye Lauer bei Dr. Wagner Immobilienrecht

Mietminderung durch Störung des Hausfriedens

Mietminderung durch Störung des Hausfriedens

Wann kann der Mieter gegenüber dem Vermieter Mietminderung geltend machen? Was passiert bei einer Störung des Hausfriedens durch einen anderen Mieter?

1. Welche Pflichten hat der Vermieter generell?

Der Vermieter hat die sog. Gebrauchsüberlassungspflicht gegenüber dem Mieter. Dies bedeutet in erster Linie, dass er die Mietsache dem Mieter gegen Entgelt zum Gebrauch überlassen muss. Er hat aber auch die sog. Gebrauchsgewährpflicht. Dies ist die Pflicht des Vermieters, den Gebrauch der Mietsache über die Zeit dem Mieter gegenüber zu gewährleisten. Das heißt bei Mängel der Mietsache muss der Vermieter umgehend tätig werden und die Mangelfreiheit der Mietsache wieder herstellen. Ansonsten kann der Mieter eventuell Mietminderung in Form einer geminderten monatlichen Mietzahlung geltend machen. Dies muss aber in jedem Einzelfall rechtlich geprüft werden. Die Höhe der Mietminderung ergibt sich aus der Vielzahl der gerichtlich entschiedenen Fälle und muss ebenfalls von Fall zu Fall rechtlich geprüft werden.

2. Was passiert bei einer Störung des Hausfriedens durch einen anderen Mieter im Hinblick auf die Mietminderung?

Eine Störung des Hausfriedens durch einen anderen Mieter im Haus kommt dann vor, wenn dieser durch sein Verhalten den Hausfrieden nachhaltig stört. Fälle sind z.B., wenn dieser die Mietergemeinschaft beschimpft, beleidigt, ständig laut nachts feiert oder an anderen Haustüren klingelt usw.

Dann kommt es für eine eventuelle Mietminderung eines betroffenen Mieters darauf an, wie erheblich und anhaltend die Störungen waren, die von dem Störer auf den betroffenen Mieter ausgingen und ob es zu einer Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung des betroffenen Mieters kommt.

3. Wann gelingt der Nachweis des Mieters für die Geltendmachung einer Mietminderung?

Für den Mieter empfiehlt sich die Vorlage eines vollständigen Störungsprotokolls an den Vermieter, in dem alle Störungen des Haufriedensbrechers mit Uhrzeit und Dauer aufgeführt werden. Dann kann der Vermieter nachvollziehen, wie erheblich und anhaltend die Störungen sind. Jedenfalls sollte der Mieter jede Störung dem Vermieter melden. Im Akutfall kann auch nachts oder bei Ruhezeiten bei einem Verstoß gegen die Hausordnung die Polizei um Hilfe gebeten werden.

Zusätzlich sind weitere Belege für die Störungen durch Zeugenaussagen durch andere Mieter im Haus für die Rechtsposition des Mieters hilfreich.

4. Wie sollte der Vermieter bei solchem Vorfällen vorgehen?

Bei mehrfachen und anhaltenden Störungen des Hausfriedens kann der Störer vom Vermieter abgemahnt werden. Dabei sollte dem Störer sein Verhalten als Verstoß gegen die Hausordnung schriftlich deutlich gemacht werden und angezeigt werden, dass bei einem solchen erneuten Verstoß die Kündigung des Mietverhältnisses droht. Jedenfalls sollte der Vermieter nach jeder Beschwerde umgehend tätig werden und sein Möglichstes tun, um den Beschwerden Abhilfe zu verschaffen. Ein weitere Möglichkeit vor der Abmahnung des störenden Mieters ist es, das klärende Gespräch mit ihm aufzunehmen.

Sollten die Ruhestörungen dennoch kein Ende nehmen, ist die Kündigung des Mietverhältnisses die Folge mit nachfolgender Räumungsklage.

Jedenfalls sollte der Vermieter alle rechtlich möglichen Maßnahmen ergreifen, um die Störungen des Hausfriedens zu reduzieren oder zu unterbinden (LG Berlin, Urt. v. 06.02.2015, 63 S 236/14, beck-online).

Wenn es darüber hinaus durch das Verhalten des störender Mieters zu einer konkreten Gefahr für Dritte kommt, muss der Vermieter umgehend tätig werden, auch durch die Zusammenarbeit mit der Polizei. Beispiele hierfür sind Tätlichkeiten gegenüber anderen Mietern.

5. Welche Quoten zur Mietminderung kann der Mieter im Einzelfall gegebenenfalls geltend machen?

Hier kommt es generell darauf an, wie erheblich und anhaltend die Störungen durch den Hausfriedensbrecher sind und ob es zu einer Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung kommt. Dabei gibt es abhängig von den Störungen im Einzelfall Quoten in der Rechtsprechung zur Minderung der Miete von 10 % oder mehr der monatlichen Kaltmiete. Die Höhe der Mietminderung ist einer rechtlichen Einzelfallprüfung vorbehalten. 

6. Was folgt dann für den Mieter, wenn der Nachweis für eine Mietminderung nicht gelingt?

Dann muss der Mieter die vollständige Miete pro Monat dem Vermieter gegenüber weiter bezahlen.

7. Welche weiteren Fälle für eine Mietminderung gibt es sonst?

Es gibt alle erdenklich möglichen Fälle, die eine Mietminderung begründen können. Dies sind z.B. bauliche Mängel an der Mietsache generell, eine störende Umgebung außerhalb des Mietshauses, bis hin zu Einwirkungen durch Umwelteinflüsse, wie Wasserschäden. Der Kasuistik sind hierbei keine Grenzen gesetzt.

Bei weiteren Fragen zur Mietminderung oder zum Mietrecht generell kommen Sie gerne auf uns zu!

Bauplanungsrecht 2024

Bauplanungsrecht und Bauordnungsrecht

Bauplanungsrecht 2024

1. Was ist ein sog. Grundsatzbeschluss der Gemeinden in Bezug auf das Bauplanungrecht?

Dies sind Beschlüsse der Gemeinden für allgemeingültige Erfordernisse für bauliche Entwicklungen im Gemeindegebiet. Grundsatzbeschlüsse sind Richtlinien für die Ermessensausübung der Verwaltung als internen Selbstbindungsgrundsätze. Die Grundsatzbeschlüsse sind auch Leitlinien für den Abschluss von städtebaulichen Verträgen. Die Grundsatzbeschlüsse der Kommunen schaffen Transparenz für Investoren und Entwickler im Bauplanungsrecht.

2. Was ist ein sog. „Scoping-Termin“ im Bauplanungsrecht?

Zur Ausarbeitung eines Planentwurfs eines Bebauungsplans oder eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans bietet sich ein sog. „Scoping-Termin“ an. Dabei werden alle betroffenen Fachbehörden eingeladen und deren Stellungnahmen angehört. Hiermit werden Problemkreise besprochen und bereits vorab können diese Themen bereits in den aktuellen Planungsentwurf effizient eingearbeitet werden. Vor allem Belange des Natur- und Umweltschutzes, sowie des Denkmalschutzes können damit in den Plänen Berücksichtigung finden.

3. Wann ist die Aufstellung eines Bebauungsplans im Bauplanungsrecht überhaupt erforderlich?

Da die Aufstellung eines Bebauungsplans die Eigentumsfreiheit der Grundstückseigentümer nach Art. 14 GG einschränkt, darf ein solcher nur aufgestellt werden, wenn er für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. Wenn das „Warum“ eines Bebauungsplans nicht beantwortet wird, ist ein Bebauungsplan auch nicht erforderlich (VGH Bayern, Urt. v. 28.06.2022, 2 N 20.757). Die Kommune muss daher gewichtige städtebauliche Belange für die Aufstellung eines Bebauungsplans ins Feld führen. 

4. Was sind Bebauungspläne der Innenentwicklung nach § 13 a BauGB im Bauplanungsrecht?

Durch Bebauungspläne der Innenentwicklung kann das Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen beschleunigt werden. Es müssen unter anderem keine Untersuchungen zu erheblichen Umwelteinwirkung des Plans erhoben werden. Dies ist jedoch nur bei beschränkten Flächen im Gemeindegebiet möglich.

5. Welche Festsetzungen können neuerdings in Bebauungsplänen getroffen werden?

Es können nicht nur sog. horizontale Festsetzungen, wie Art und Maß der baulichen Nutzung festgelegt werden, sondern auch sog. vertikale Festsetzungen getroffen werden. Dies sind z.B. Festsetzungen zu sozial geförderten Wohnraum oder die höchste zulässige Zahl von Wohnungen in Wohngebäuden (§ 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB). Es kann auch im Mischgebiet das zulässige Verhältnis von Gewerbe zu Wohnungen festgelegt werden (max. Anteil 40:60 von Gewerbe:Wohnungen). Es gibt aber auch bedingte Festsetzungen im Bauplanungsrecht in einem Bebauungsplan für einen bestimmten Zeitraum. Auch können neuerdings auch Folgenutzungen festgelegt werden (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 BauGB).

6. Die Gebietstypik der BauNVO gilt nicht bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen

Der Vorhabenträger ist bei der Festlegung der vorhabenbezogenen Bebauungsplänen freier und nicht an die Gebietstypen der BauNVO gebunden, wie Mischgebiet, Wohngebiet, Industriegebiet (§ 12 Abs. 3 BauGB).

7. Was ist das neue Klimaschutzgesetz im aktuellen Bauplanungsrecht?

Zweck des Klimaschutzgesetzes ist der Schutz von natürlichen Lebensgrundlagen. Dazu werden nationale Klimaschutzziele festgelegt, wie die Minderung von Treibhausgasemissionen. Beispiele für neuerdings mögliche Festsetzungen in Bebauungsplänen sind Quoten für Photovoltaik-Anlagen, Dachbegrünungen oder der sog. Biotopflächenfaktor. Letzterer ist eine Festsetzung in Bebauungsplänen, welche den Anteil an Biotopen an Grundstücken bestimmen soll. 

8. Wozu können öffentlich-rechtliche Verträge nach § 54 VwVfG mit Gemeinden im aktuellen Bauplanungsrecht und Bauordnungsrecht geschlossen werden?

Zur Schaffung von Städtebaurecht können Verträge mit Kommunen geschlossen werden. Jede öffentlich-rechtliche Genehmigung kann durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag ersetzt werden. Der Vorteil von öffentlich-rechtlichen Verträgen besteht darin, dass Beschränkungen für Bestimmungen geringer sind. Dafür muss die Gegenseite erst von dem Abschluss von einzelnen Bestimmungen überzeugt werden.

9. Wozu gibt es städtebauliche Verträge?

Nach § 11 BauGB kann die kooperative Baulandentwicklung mit städtebaulichen Verträgen zwischen Vorhabenträger und Kommune beschleunigt und vorangetrieben werden. Der städtebauliche Vertrag muss mit der Kommune schriftlich geschlossen werden. Trotz Abschluss von städtebaulichen Verträgen besteht gegenüber der Gemeinde kein Anspruch auf Erlass eines Bebauungsplans.

10. Wer darf vorhabenbezogene Bebauungspläne initiieren und welche Vorhaben sind zuzulassen?

Nur private Vorhabenträger dürfen vorhabenbezogene Bebauungspläne initiieren. Kommunen dürfen nur eine sog. Angebotsplanung erstellen, d.h. nur „normale“ Bebauungspläne im Rahmen des regulären Verfahrens.

Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan muss ein klar umrissenes Vorhaben enthalten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 03.12.2003 – 7 A D 42/01). Wird durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan ein anderes Vorhaben, als im Durchführungsvertrag, zugelassen, ist dieser fehlerhaft.

Bei weiteren Fragen zum Baurecht kommen Sie gerne auf uns zu.

Modernisierungsankündigung und Mieterhöhung nach Modernisierung

Mieterhöhung nach Modernisierung

Modernisierungsankündigung und Mieterhöhung nach Modernisierung (§ 559 BGB)

1. Wozu gibt es eine Modernisierungsankündigung?

Wenn ein Vermieter seine Wohnungen modernisieren möchte, muss er dies den Mietern schriftlich anzeigen durch eine sog. Modernisierungsankündigung.

Erst wenn der Mieter nach § 555 d Abs. 3 BGB keine Härtegründe vorbringt innerhalb eines Monats nach Zugang der Modernisierungsankündigung, darf der Vermieter mit den Modernisierungsmaßnahmen nach der Dreimonatsfrist nach § 555 c Abs. 1 BGB nach Zugang der Modernisierungsankündigung beginnen.

Hiermach muss der Mieter die Modernisierungsmaßnahmen nach der Modernisierungsankündigung dulden. Das heißt, der Mieter muss nach der Modernisierungsankündigung dem Vermieter und seinen Handwerkern Zutritt in die Wohnung gestatten, und zwar auch schon in der Vorbereitungs- und Planungsphase der Modernisierungsmaßnahmen. Der Mieter muss ferner nach der Modernisierungsankündigung Einwirkungen dulden, die mit der Durchführung der Baumaßnahmen verbunden sind, wie Lärm, Schmutz, Staub, Sperrung von Gas, Strom oder Wasser und Beeinträchtigung tolerieren, wie das Aufstellen eines Baugerüstes.

2. Wie sieht eine Modernisierungsankündigung inhaltlich aus?

In der Modernisierungsankündigung müssen zunächst grob die Modernisierungsmaßnahmen beschrieben werden. Hiernach muss dem Mieter in Textform mitgeteilt werden, von welchen Maßnahmen seine Wohnung konkret betroffen sein wird. Dann muss die voraussichtliche Dauer der Modernisierungsmaßnahmen in der Modernisierungsankündigung taggenau angegeben werden.

Weiter muss der Mieter in der Modernisierungsankündigung auf die Möglichkeit des Härteeinwands nach § 555 d Abs. 3 BGB schriftlich hingewiesen werden. Danach hat der Mieter dem Vermieter Umstände, die eine Härte im Hinblick auf die Duldung begründen, bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, in Textform mitzuteilen.

Auch muss der Mieter über eine nachfolgende Mieterhöhung nach der Modernisierung mit genauem Betrag und über die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten schriftlich in der Modernisierungsankündigung informiert werden.

Weiter sollte der Mieter noch in der Modernisierungsankündigung auf sein Sonderkündigungsrecht nach § 555 e BGB hingewiesen werden. Nach Zugang der Modernisierungsankündigung können die Mieter das Mietverhältnis außerordentlich zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen. Die Kündigung muss bis zum Ablauf des Monats erfolgen, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt.

3. Kann die Miete nach der Modernisierung erhöht werden? Muss dies bereits in der Modernisierungsankündigung erfolgen?

Nach Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen kann die Miete nach § 559 BGB erhöht werden, und zwar auf bis zu 8 % der modernisierungsbedingten Investitionen. Beträgt die monatliche Miete vor der Mieterhöhung weniger als 7 €/m², beträgt die neue Modernisierungskappungsgrenze nach § 559 Abs. 3a BGB nur eine Mieterhöhung von 2 €/m². Hier sollte dem Mieter in der Modernisierungsankündigung ein ganz konkreter Betrag schon in der Modernisierungsankündigung genannt werden. Damit kann der Mieter prüfen, ob er sich die künftige Miete nach Modernisierung noch leisten kann oder ob er schon von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen möchte. Die künftigen Betriebskosten nach Modernisierung sollten ebenfalls in der Modernisierungsankündigung ungefähr angegeben werden. Es reicht aber in der Modernisierungsankündigung die schriftliche Information der Mieter aus, dass die Angabe der Betriebskosten nach dem jetzigen Stand noch ungenau sein kann.

4. Ist auch eine Kündigung der Mieter möglich bei einer geplanten Sanierung/Modernisierung einer Wohnung?

Ja, eine solche Kündigung der Mieter ist auch schon in der Modernisierungsankündigung möglich. Die Kündigung kann auf § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB und auf § 573 Abs. 1 BGB gestützt werden.

Zunächst muss bei einer solchen Kündigung der Umfang der Modernisierungsmaßnahmen hinreichend genau beschrieben werden. Der Mieter muss in der Lage sein zu beurteilen, dass wegen des Umfangs der Maßnahmen in seiner Wohnung die Beendigung des Mietverhältnisses erforderlich ist.

Nach § 573 Abs. 3 BGB sind berechtigte Verwertungsabsichten der Wohnung durch den Vermieter auch grundlegende Modernisierungsmaßnahmen.

Wenn es keine Stellflächen für Möbel mehr in der Wohnung gibt und die Modernisierungsmaßnahmen nicht nur mit einem Duldungsanspruch durchzuführen sind, kann das Mietverhältnis nicht mehr fortgesetzt werden.

Weiterhin müssen in dem Kündigungsschreiben Angaben zum Nachteil des Vermieters enthalten sein, wenn die Sanierung nicht erfolgt. In der Regel entspricht die Steigerung des Grundstückswerts durch Erhaltung und Verbesserung der Bausubstanz dem Gebot wirtschaftlicher Vernunft; in der Unterlassung solcher notwendigen Maßnahmen liegt deshalb zugleich ein wirtschaftlicher Nachteil zulasten des Vermieters.

Auch müssen im Kündigungsschreiben Angaben zur Angemessenheit der Verwertungsabsichten des Vermieters enthalten sein. Diese sind angemessen, wenn sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen sind. Es reicht aus, wenn durch eine Kernsanierung gesunde und sichere allgemein übliche Wohnverhältnisse geschaffen werden.

Vergleichende Wirtschaftlichkeitsberechnungen bedarf es nicht, wenn der aktuelle Zustand des Gebäudes eine Sanierung/Modernisierung nahelegt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Wohnungen nicht mit einer Zentralheizung ausgestattet sind.

Bei weiteren Beratungsbedarf zur Modernisierungsankündigung und zum Mietrecht kommen Sie gerne auf uns zu.

Wohnungseigentumsrecht aktuell

Wohnungseigentumsrecht

Wohnungseigentumsrecht aktuell – was gibt es Neues nach der Reform durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) vom 01.12.2020?

Grundlage der Darstellung ist das Wohnungseigentumsgesetz.

1. Was ist Regelungsziel vom Wohnungseigentumsrecht?

Das Wohnungseigentumsrecht soll das Zusammenleben von Menschen organisieren, die nicht mehr gemeinsam haben, wie eine Wohnung in einer gemeinsamen Anlage. Jeder Wohnungseigentümer besitzt einen Teil eines Grundstücks, aber jeder hat seine eigene Wohnung.

2. Was sind mehrere Grundstückseigentümer im Wohnungseigentumsrecht?

Nach § 94 BGB werden wesentliche Bestandteile eines Grundstücks, wie die Immobilie darauf, als fest mit dem Boden verbundene Sachen zunächst einmal das Eigentum aller Grundstückseigentümer. Mehrere Grundstückseigentümer im Wohnungseigentumsrecht sind sog. Bruchteilseigentümer nach §§ 741 ff. BGB und §§ 1008 ff. BGB.

Dies bedeutet, dass die Gesamtsache gemeinschaftlich gebraucht wird und gemeinsam verwalten wird. Sachenrechtlich darf auch keine wesentliche Veränderung der Sache vollzogen werden.

3. Welche individuelle Regelungen gibt es im Wohnungseigentumsrecht?

Es gibt in erster Linie die Gemeinschaftsordnung bzw. die notarielle Teilungserklärung. Darin sind die wesentlichen Vorschriften zur Regelung des Zusammenlebens in der Wohnungseigentümergemeinschaft geregelt. Es enthält die Frage, was ist Gemeinschaftseigentum, was ist Sondereigentum. Weiter gibt es noch die Vereinbarungen als Vertrag aller Wohnungseigentümer. Schließlich gibt es noch Beschlüsse im Rahmen der Wohnungseigentümerversammlungen. Diese sind Mehrheitsentscheidungen der Wohnungseigentümer. Im neuen Wohnungseigentumsrecht reicht nunmehr in der Regel die einfache Mehrheit aus zum Fassen eines Beschlusses.

4. Was passiert mit den alten Gemeinschaftsordnungen, die vor dem 01.12.2020 geschlossen wurden?

Nach § 47 WEG sind die alten Gemeinschaftsordnungen im Wohnungseigentumsgesetz weitgehend hinfällig. Dies sind die Vereinbarungen, welche der Bauträger der Gemeinschaft bei der Teilung des Grundstücks und der Immobilie mitgibt und welche das Binnenverhältnis der Gemeinschaft betreffen.

5. Was passiert mit fehlerhaften Beschlüssen im neuen Wohnungseigentumsrecht?

Beschlüsse, welche gegen Rechtsvorschriften verstoßen, bleiben solange wirksam, bis sie durch das Gericht rechtskräftig für unwirksam erklärt worden sind (§ 23 Abs. 4 WEG). Werden solche Beschlüsse nicht durch eine Anfechtungsklage angefochten, erwachsen sie in Bestandskraft.

7. Seit wann gibt es das Wohnungseigentumsgesetz?

Das Wohnungseigentumsrecht gibt es seit dem Jahr 1951. Nach dem 2. Weltkrieg kam es zu einer städtischen Verdichtung und zum Wiederaufbau von Wohnungen. Das alte Landesrecht enthielt nur das Stockwerkseigentum. Dann hat das Wohnungseigentumsrecht ein Gebäude horizontal geteilt in sog. Sondereigentum.

8. Welche wesentliche Neuerung enthält das neueste Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz?

Im Wohnungseigentumsrecht 2024 gibt es keine Rechtsbeziehung mehr zwischen einem einzelnen Wohnungseigentümer und dem Verwalter. Dies bedeutet, dass nur noch die Wohnungseigentümergemeinschaft Trägerin der Verwaltung ist. Sollten Probleme im Verhältnis Verwalter und dem einzelnen Wohnungseigentümer bestehen, muss sich letzterer stets an die Gemeinschaft wenden.

9. Welche weiteren Neuerungen gibt es noch im Wohnungseigentumsrecht?
  • Nunmehr kann Sondereigentum an Grundstücksteilen gebildet werden.
  • Es herrscht der gesellschaftsrechtliche Ansatz im neuen Wohnungseigentumsrecht: die Wohnungseigentumsgemeinschaft ist sog. „Betriebsgesellschaft“ für die Anlage. Es gibt eine Dreiecksbeziehung: Ansprüche bestehen nur zwischen der Wohnungseigentumsgemeinschaft und dem Verwalter und zwischen dem Wohnungseigentümer und der Wohnungseigentumsgemeinschaft.
  • Der Verwalter von Wohnungseigentum ist nunmehr zertifiziert und professionalisiert.
  • Es gibt einen sog. Verbandsprozess durch die Wohnungseigentumsgemeinschaft als Trägerin von Rechten und Pflichten.
  • Es reicht aktuell die einfache Mehrheit bei baulichen Veränderungen in der Wohnungseigentumsgemeinschaft aus.
10. Was ist die sog. Gemeinschaftsordnung im Wohnungseigentumsrecht?

Dies sind Vereinbarungen, die der Bauträger der Gemeinschaft bei Teilung des Grundstücks und der einzelnen Wohnungen mitgibt. Die Gemeinschaftsordnung betrifft nur das Binnenverhältnis zwischen den einzelnen Wohnungseigentümer, der Wohnungseigentumsgemeinschaft und dem Verwalter.

11. Wofür ist die Unterscheidung zwischen Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum im Wohnungseigentumsrecht relevant?

Dies ist relevant für die Fragen, wer an der Sache berechtigt ist, wer zuständig ist für die Verwaltung und wer die Kosten an der Sache trägt.

12. Wie gliedert sich juristisch das Sondereigentum auf?

Im Wohnungseigentumsrecht wird im Sondereigentum unterschieden zwischen dem Wohneigentum und dem Teileigentum. Das Wohneigentum wird zu Wohnzwecken verwendet, das Teileigentum ist Sondereigentum, welches nicht zu Wohnzwecken bestimmt ist.

13. Was ist schließlich ein Sondernutzungsrecht?

Ein Sondernutzungsrecht ist im Wohnungseigentumsrecht eine abweichende Vereinbarung über den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums, der einem oder mehreren Wohnungseigentümern ausschließlich zugewiesen wird, ohne die Eigentumszuordnung zu ändern. Der Sondernutzungsberechtigte ist häufig auch für die Erhaltung des Sondereigentums zuständig und trägt die Kosten.

14. Wer ist für die Erneuerung von Heizkessel und Heizkörpern in der Wohnungseigentumsgemeinschaft zuständig?
Nach BGH v. 26.10.2012 – VZR 57/12 ist der Heizkessel, der mehr als nur eine Wohnung versorgt, Gemeinschaftseigentum und auch das Leitungsnetz bis zum ersten Absperrhahn innerhalb der Wohnung. Er nach dem Absperrhahn beginnt das Sondereigentum. Dieses erstreckt sich dann auch auf Leitungen, Ventile und Heizkörper in der Wohnung. Dies bedeutet, dass dann der jeweilige Sondereigentümer zuständig ist für die Erneuerung seines Sondereigentums. Für die Erneuerung des Heizkessels und des Leitungsnetzes im Haus ist die Wohnungseigentumsgemeinschaft zuständig.
 

Bei weiteren Fragen zum Wohnungseigentumsrecht kommen Sie gerne auf uns zu.

Rückabwicklung eines Immobilienkaufvertrages

Rückabwicklung Immobilienkaufvertrag

Rückabwicklung von einem Immobilienkaufvertrag – wie geht man am besten vor?

1. Welche Formen gibt es bei der Rückabwicklung eines Immobilienkaufvertrages?

Als Käufer eines Immobilienkaufvertrages kann man entweder, sofern rechtlich möglich, Mängelrechte geltend machen. Dies sind in erster Linie die Erklärung von Rücktritt (nach einer erfolglosen Fristsetzung zur Nachbesserung des Verkäufers), Minderung oder Schadensersatz. Oder es gibt auch die Möglichkeit, die Anfechtung des Immobilienkaufvertrages zu erklären. Dies ist z.B. der Fall bei einer arglistigen Täuschung durch den Verkäufer.

2. Welche Rechtsfolgen entstehen bei der Erklärung von Rücktritt vom Immobilienkaufvertrag?

Es entsteht ein sog. Rückgewährschuldverhältnis bei der Rückabwicklung des Immobilienkaufvertrages. Dies bedeutet, dass die beiderseits empfangenen Leistungen rückabgewickelt werden müssen. Das Grundstück mit der Immobilie wird vom Erwerber zurückgegeben gegen Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises.

3. Welche Rechtsfolgen entstehen mit der Erklärung der Anfechtung des Immobilienkaufvertrages?

Mit der Erklärung der Anfechtung wird der Immobilienkaufvertrag ex tunc, d.h. von Anfang an nichtig. Auch hier kommt es zur Rückabwicklung des Immobilienkaufvertrages.

4. Wann können Mängelrechte, wie der Rücktritt von einem Immobilienkaufvertrag, geltend gemacht werden?

In den allermeisten Fällen ist bereits im notariellen Kaufvertrag ein Haftungsausschluss des Verkäufers vereinbart. Nur bei Vorsatz oder Arglist des Verkäufers können Mängelrechte geltend gemacht werden. Anderst ist der Fall, wenn eine sog. Beschaffenheitsvereinbarung der Kaufsache im notariellen Kaufvertrag vorliegt. Verstößt die tatsächliche Beschaffenheit der Kaufsache gegen die Beschaffenheitsvereinbarung kann die Rückabwicklung des Immobilienkaufvertrages vom Käufer gefordert werden.

5. Wann waren Fälle der Anfechtung erfolgreich zur Rückabwicklung eines Immobilienkaufvertrages?

Wenn der Verkäufer eine Aufklärungspflicht über kaufentscheidende Tatsachen hat und dieser nicht nachkommt, liegen Fälle einer arglistigen Täuschung des Käufers vor. Wenn ein Verkäufer einer Immobilie eine konkrete Frage des Käufers vorsätzlich falsch beantwortet, liegt eine arglistige Täuschung des Käufers vor. Es kommt dann zur Rückabwicklung des Immobilienkaufvertrages. Aufklärungspflichten hat der Verkäufer ohne Nachfrage des Käufers nur in den Fällen, bei denen die Tatsachen für den Kaufentschluss des Käufers von wesentlicher Bedeutung sind und die Aufklärung nach der Verkehrssitte zu erwarten ist. Aufklärungspflichten des Verkäufers wurden dabei von der Rechtsprechung bejaht beim Fehlen einer erforderlichen Baugenehmigung beim errichteten Gebäude oder wenn die bisherige Nutzung der Immobilie gegen baurechtliche Vorschriften verstößt.  

6. Welche rechtlichen Probleme enstehen bei der Anfechtung eines Immobilienkaufvertrages?

Will der Käufer die Rückabwicklung des Immobilienkaufvertrages bewirken, ist dieser beweispflichtig. Er muss Beweis erbringen vor Gericht, dass der Verkäufer seine Aufklärungspflicht vorsätzlich verletzt hat. Dies erfolgt bei Gericht in der Regel über Sachverständigengutachten oder durch die Beweisaufnahme von Zeugen.

7. Welche Form und Fristen sind weiter bei der Anfechtung zu beachten?

Es muss die Anfechtung gegenüber dem Verkäufer erklärt werden und zwar innerhalb eines Jahres nach Kenntnis von der Täuschung (§ 124 Abs. 2 BGB).

8. Welche Erfolgschancen bestehen bei der Rückabwicklung eines Immobilienkaufvertrages?

Dies muss von Fall zu Fall geprüft werden. Generell hat die Rechtsprechung sehr hohe Beweishürden für den Käufer erstellt. Damit soll der Bestand von notariellen Immobilienkaufverträgen in der Regel hoch gehalten werden. Ansonsten könnte bei jeder kleinen Störung eines notariellen Immobilienkaufvertrages dieser sofort rückabgewickelt werden. Dies kann nicht der Sinn und Zweck von notariell beglaubigten Immobilienkaufverträgen sein.

9. Welche Rechte hat der Käufer eines Immobilienkaufvertrages daneben noch?

Streitig ist, ob der Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB, gerichtet auf die Aufhebung des Immobilienkaufvertrages, daneben noch besteht. Hierbei reicht sogar die Fahrlässigkeit des Verkäufers aus, als Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, eine Pflichtverletzung des Verkäufers zu bejahen. Als Rechtsfolge kommt es auch zu einer Rückabwicklung des Immobilienkaufvertrages und der empfangenen Leistungen.

10. Können Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche geltend gemacht werden?

Wenn die Geltendmachung von Mängelrechten generell nach dem notariellen Kaufvertrag nicht ausgeschlossen wurden, können auch Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche geltend gemacht werden. Dabei sollen Posten gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht werden, die als Schadensposten wegen der Nichterfüllung des notariellen Kaufvertrages entstanden sind. Aufwendungsersatzansprüche bestehen, wenn der Käufer im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Immobilienkaufvertrages Aufwendungen gemacht hat und diese nun für ihn wertlos geworden sind.

Bei weiteren Fragen zur Rückabwicklung Ihres Immobilienkaufvertrages nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Öffentliches Baurecht 2024

öffentliches Baurecht

Öffentliches Baurecht 2024

Welche übergeordnete Rolle spielt der Flächennutzungsplan in der Bauleitplanung?

Der Flächennutzungsplan im öffentlichen Baurecht legt das grobe Raster für die Bodenordnung des Gemeindegebietes fest. Der Flächennutzungsplan ist rechtlich unverbindlich und er kann rechtlich nicht überprüft werden. Der Flächennutzungsplan wird auch nicht als Satzung erlassen und ist als sog. „Innenrecht“ rechtlich unverbindlich. Im Gegensatz dazu enthält der Bebauungsplan detaillierte Vorgaben an die Bebauung von Grundstücken in einem Gemeindegebiet.

Wie kann ein Investor ein Projekt mit der Stadt durch das öffentliche Baurecht absichern lassen?

Zur Vorbereitung des Bebauungsplanverfahrens kann der Investor mit der Stadt einen sog. städtebaulichen Vertrag abschließen. Städtebauliche Verträge dienen im öffentlichen Baurecht zur inhaltlichen Bestimmung von Bebauungsplänen, auch von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen. Darin kann der Investor mit der Stadt Regelungen zu den Grundstücken treffen, Dienstbarkeiten und Baulasten festschreiben oder Fragen des Lärmschutzes, Straßenausbaus und -umbaus klären, sowie öffentliche Grünflächen oder Verkehrsanlagen definieren.

Was ist der Unterschied zwischen dem privaten und dem öffentlichen Baurecht?

Beim privaten Baurecht geht es in erster Linie um Bauvertragsrecht, sowie um eigentumsrechtliche Bestimmungen und um das Nachbarrecht. Das öffentliche Baurecht enthält das Bauplanungsrecht als sog. Städtebaurecht, sowie das Bauordnungsrecht als besondere Form des Polizeirechts.

Was ist die überörtliche Bauleitplanung im Gegensatz zur örtlichen bzw. kommunalen Bauleitplanung?

Überörtlich wird im öffentlichen Baurecht die Raumordnung durch die Landesplanung ausgeführt. Dies erfolgt durch den Landesraumordnungsplan, den Landesentwicklungsplan, sowie den regionalen Raumordnungsplan. Auf der örtlichen bzw. kommunalen Ebene erfolgt dies durch die Bauleitplanung, z.B. durch den Bebauungsplan im öffentlichen Baurecht.

Was bedeuten die Festsetzungen zur offenen/geschlossenen Bauweise im Bebauungsplan (§ 22 BauNVO)?

Die Festsetzung „offen“ im Bebauungsplan bedeutet, dass ein seitlicher Grenzabstand bestehen muss zu Nachbargebäuden. Die Festsetzung „geschlossen“ bedeutet im Bebauungsplan, dass ohne seitlichen Grenzabstand zur Nachbarbebauung zu bebauen ist.

Was ist eine sog. abstrakte Normenkontrolle (§ 47 VwGO) eines Bebauungsplanes?

Die abstrakte Normenkontrolle ist ein Instrument des öffentlichen Baurechts, mit dem Bebauungspläne gerichtlich kontrolliert werden können. Nach § 47 Abs. 1 VwGO entscheidet der Verwaltungsgerichtshof in Baden-Württemberg darüber. Antragsbefugt sind Behörden bei einem objektiven Kontrollinteresse oder natürliche und juristische Personen. Nach der sog. Schutznormtheorie muss der Antragsteller der abstrakten Normenkontrolle die Verletzung von Individualinteressen geltend machen durch den Bebauungsplan. Dies ist unproblematisch, wenn das Grundstück unmittelbar durch den Bebauungsplan betroffen ist. Eine Rechtsverletzung kann aber auch im öffentlichen Baurecht geltend gemacht werden, wenn das Recht auf eine gerechte Abwägung privater Belange im Bebauungsplanverfahren mißachtet wurde.

Welche Antragsfrist gilt bei der Geltendmachung einer abstrakten Normenkontrolle vor dem Verwaltungsgerichtshof?

Nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift muss innerhalb eines Jahres Klage erhoben werden. Ansonsten kann der Bebauungsplan nur noch indirekt im Rahmen von baurechtlichen Klagen überprüft werden.

Wann ist der Antrag auf abstrakte Normenkontrolle inhaltlich begründet?

Wenn ein beachtlicher formeller oder materieller Fehler am Bebauungsplan festgestellt wird und dieser rechtzeitig gerügt wurde, ist der Antrag auf abstrakte Normenkontrolle begründet. Der Verwaltungsgerichtshof erklärt dann den gesamten Bebauungsplan für unwirksam. Diese Rechtsprechung wirkt dann allgemein verbindlich.

Öffentliches Baurecht und plansichernde Maßnahmen: Was ist ein Vorkaufsrecht der Gemeinde?

Vorkaufsrechte der Gemeinde werden in §§ 24-28 BauGB geregelt und im Allgemeinwohlinteresse ausgeübt. Sie müssen per Verwaltungsakt als hoheitliche Maßnahme innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrages ausgeübt werden. Dann kann als Sonderfall zum Thema öffentliches Baurecht ein rechtswirksamer Kaufvertrag durch die Gemeinde abgeschlossen werden.

Öffentliches Baurecht und Bauplanungsrecht: Wie wird die baurechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens geprüft?
  • Liegt ein Bebauungsplan vor? Verstößt das Bauvorhaben gegen seine einzelnen Festsetzungen und ist die Erschließung des Vorhabens gesichert?
  • Liegt kein Bebauungsplan vor, handelt es sich um ein Vorhaben des unbeplanten Innenbereichs nach § 34 BauGB oder liegt das Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB?
  • Liegt das Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB, muss es sich in die Eigenart der Umgebung einfügen und das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
  • Liegt das Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB, ist es bei einem sog. privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1-7 BauGB baurechtlich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Ansonsten wird das Vorhaben nur im Einzelfall zugelassen, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt sind.

Bei weiteren Fragen zum Thema öffentliches Baurecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.